Wie Union Saint Gilloise die Welt des belgischen Fuballs erobert
Der 1. FC Union Berlin trifft im Achtelfinale der Europa League erneut auf Royale Union Saint-Gilloise. Das ergab die Auslosung am Freitag in der Zentrale der UEFA im schweizerischen Nyon. Der Tabellen-Dritte der Fußball-Bundesliga hat am 9. März zunächst Heimrecht im Stadion an der Alten Försterei. Das Rückspiel steht am 16. März im Lotto Park in Anderlecht an. Gegen Saint-Gilloise hatten die Eisernen schon in der Gruppenphase gespielt. Zu Hause verlor man mit 0:1. Der 1:0-Sieg im Rückspiel sicherte das Weiterkommen in die K.o.-Runde.
«Eine Auslosung ist kein Wunschkonzert. Es ist jetzt Royale Union Saint-Gilloise geworden, gegen die wir schon in der Gruppenphase gespielt haben, und es ist das einzige Team, das seit langer Zeit mal ein Spiel An der Alten Försterei gewonnen hat», sagte Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball, nach der Auslosung, «von daher haben wir im Hinspiel auch etwas gutzumachen. Ich denke, es werden sehr offene Spiele zwischen zwei Mannschaften mit einem ähnlichen Spielstil. Unser Ziel muss es sein, im Hinspiel schon ein gutes Ergebnis zu erreichen.»
Union hatte sich in der Zwischenrunde überraschend gegen den niederländischen Rekordmeister Ajax Amsterdam durchgesetzt. Dem 0:0 im Hinspiel folgte am Donnerstagabend ein 3:1-Heimsieg. Für die Eisernen ist die Teilnahme an der Runde der letzten 16 Clubs der größte internationale Erfolg der Vereinsgeschichte.
Royale Union Saint Gilloise
«Das braucht noch einen Moment», sagte Trainer Urs Fischer nach dem Sieg gegen Amsterdam auf die Frage, ob er den Erfolg schon einordnen könne. «Der Fußball schreibt manchmal seine eigenen Geschichten». Royale Union Saint-Gilloise hatte er sich allerdings explizit nicht als Kontrahenten gewünscht, da man gegen die Belgier schon einmal gespielt hatte. Der FC Arsenal, Betis Sevilla oder Fenerbahce wären namhaftere Konkurrenten gewesen.
Überschattet war das Rückspiel im November beim derzeitigen Tabellenzweiten der Jupiler Pro League von einem Aufenthaltsverbot für die Union-Fans am damaligen Spielort in Leuven, nachdem die UEFA keine Gästefans im Stadion zugelassen hatte. Grund waren Ausschreitungen beim vorangegangenen Union-Spiel in Malmö. Diesmal stehen der Unterstützung durch die Union-Fans keine rechtlichen Hürden durch die belgischen Behörden oder die UEFA im Weg.
In der Fußball-Bundesliga steht für Union am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) das nächste Highlight an. Die Berliner gastieren beim punktgleichen Tabellenführer FC Bayern München. In der Allianz Arena konnte Union noch nie gewinnen.Royale Union Saint-Gilloise sorgt gerade für eine der größten Sensationen der europäischen Fußballgeschichte: Der 1897 gegründete Traditionsklub aus dem Brüsseler Südwesten, der elfmal, zuletzt 1935, die Meisterschaft gewonnen hat, steht souverän an der Tabellenspitze der belgischen Liga mit zwei Zählern Vorsprung auf den FC Brügge. Ein entscheidender Faktor in dieser Erfolgsgeschichte ist ein Deutscher: Deniz Undav, geboren in Achim und früher mal beim SV Meppen unter Vertrag, erzielte bisher 25 Tore in der laufenden Saison. Der 23 Jahre alte Stürmer, der beim KRC Genk das Fußballspielen gelernt hat, ist gerade der Shootingstar der Jupiler Pro League.
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Als Väter der jetzigen Union-Erfolgssträhne gelten Trainer Felice Mazzù sowie Sportdirektor Chris O’Loughlin. Der gebürtige Nordire hat nicht nur beim Transfer von Undav ein glückliches Händchen bewiesen. Auch andere Stammkräfte wie etwa Torhüter Anthony Moris und den ebenfalls vom Zweitligisten Royal Excelsior Virton im Südosten des Landes zu Union gewechselten madagassischen Nationalspieler Loïc Lapoussin konnte O’Loughlin für wenig Geld in die belgische Hauptstadt locken. Nur wenige der heutigen Spieler waren übrigens schon 2019 im Verein, wie zum Beispiel der vom jetzigen französischen Zweitligisten USL Dunkerque gekommene Verteidiger Ismaël Kandouss.
Topeinkauf des Vereins ist zweifellos der Coach. Unter Mazzú gelang Union Saint-Gilloise nach 48 Jahren in der abgelaufenen Saison der Wiederaufstieg in die höchste belgische Liga. Mazzù schaffte es, aus einer Mannschaft der Namenlosen eine verschworene Gemeinschaft zu formen mit einer unglaublichen Unbekümmertheit und Effektivität. Co-Trainer Karel Geraerts verriet unlängst das Erfolgsrezept des Trainers: Die Leidenschaft, mit der Felice auf einem Fußballplatz steht, ist der Schlüssel unseres Erfolgs. Bei jedem Spiel, im Training oder bei einer Übungseinheit spricht er zu den Spielern, als spielten wir ein Finale. Da ziehen die Jungs voll mit, bei jeder Trainingseinheit und bei jeder Partie. Jeder weiß in diesem Team, dass wir gerade eine fantastische Erfolgsgeschichte schreiben. Alle geben alles, damit sie noch lange bestehen bleibt.
Der Vielgepriesene sieht selbst als einen Erfolgsfaktor die familiäre Atmosphäre im Klub und im heimischen Stadion. Hier riecht es nach Gras, Hamburgern und Fritten, erzählte Mazzù. Wir sind eine eingeschworene Einheit, eine Elf, die authentisch und pragmatisch spielt und arbeitet. Wir sind nicht zufällig da oben. Während der Trainer auf dem Erdboden des Rasenplatzes bleiben will und nach wie vor, zumindest offiziell, den Klassenerhalt als oberstes Ziel dieser Spielzeit propagiert, wird rings um den Parc Duden schon über einen möglichen Titelgewinn spekuliert. So wird verwiesen auf das Beispiel des inzwischen ganz von der Bildfläche verschwundenen SK Lierse, der 1996/1997 sensationell belgischer Meister wurde. Noch besser als Vorbild dürfte indes der wie Union traditionsbeladene 1. FC Kaiserslautern passen. Er gewann im Jahr eins nach dem Aufstieg 1997/1998 mit der Trainerlegende Otto Rehhagel in der Bundesliga die Meisterschale.
Europa League: Saint Gilloise
Diese Geschichte ist schlicht wunderschön und tut gut in dieser merkwürdigen Welt, meinte Jean-Marie Pfaff, der ehemalige Torwart des FC Bayern München. Die Meisterschaft ist mehr denn je aktuell, und vielleicht oder sogar höchstwahrscheinlich wird sich eine solche Chance nicht so schnell erneut ergeben. Deswegen gehe ich davon aus, dass Union seine Frische und seine Bodenständigkeit bis zum Saisonende beibehalten wird. Hoffen wir, aus neutraler Sicht, dass sie nicht verkrampfen, aber es sieht gerade nicht danach aus.Aufsteiger Royale Union Saint-Gilloise steht in der belgischen Liga an der Spitze. 87 Jahre nach dem letzten Meistertitel träumt der Brüsseler Quartierklub von der Sensation. Mittendrin ist mit Cameron Puertas auch ein Schweizer.
Allein das Stadion lädt zum Träumen ein. Mitten im Wohnquartier St.Gilles in Brüssel gelegen, ist das Stade Joseph Marien etwas für Romantiker. Wenn man vom Duden Park kommt, schimmert die über hundertjährige Backsteinfassade durch Bäume und Büsche, auf der Haupttribüne sind Sitze aus Holz zu sehen.
1919 wurde das Stadion erbaut, heute ist es denkmalgeschützt. Als es noch modern war, zählte Royale Union Saint-Gilloise zu den grössten Klubs Belgiens. Elfmal bejubelte der Verein den Meistertitel, zum letzten Mal 1935. In den 1970er-Jahren verschwand der Klub in den Niederungen des belgischen Fussballs.
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Erst seit dem letzten Sommer ist USG zurück in der höchsten Liga – und grüsst dort sensationell von der Tabellenspitze. Der grosse Nachbar Anderlecht, Royal Antwerpen und Meister Brügge haben bisher das Nachsehen. Neun Punkte beträgt der Vorsprung von Saint-Gilloise auf Brügge. «Es ist wirklich ein Märchen. Wenn eine Mannschaft aufsteigt, ist es kaum zu glauben, dass sie einfach weiter gewinnt», sagt Trainer Felice Mazzu gegenüber der ARD.
So schön die romantische Geschichte des Traditionsvereins ist: Sie hat wie fast überall mit dem Einstieg eines Investors zu tun. 2018 übernimmt Tony Bloom den Verein. Der Engländer hat als Pokerspieler und mit Sportwetten Millionen verdient und ist mathematisch so hoch begabt und kaltblütig, dass er den Spitznamen «The Lizard», die Eidechse, trägt. Zuvor hatte er schon seinen Heimatverein Brighton & Hove Albion in die Premier League gehievt, nun führt er den gefallen Riesen zurück an die Spitze der belgischen Liga.
Dank intensiver Datenanalyse sucht Bloom mit seinem Geschäftspartner Alex Muzio, der ebenfalls zehn Prozent der Klubanteile besitzt, und Sportdirektor Chris O’Laughlin nach eigentlich gescheiterten Spielern, die bei USG durchstarten. Auf ein solches datenbasiertes Scouting setzen viele Klubs, allen voran Brentford aus England oder Midtjylland aus Dänemark.
Live Ticker: Union Berlin
Auf diese Weise stiess Union Saint-Gilloise auch auf Cameron Puertas. Der 23-jährige Schweiz-Spanier wechselte im Januar von Lausanne nach Belgien. Dort kommt er bisher zwar beim Leader nicht über die Rolle des Einwechselspielers hinaus, aber die Pläne mit Puertas, der im Mittelfeld von Lausanne mittlerweile an allen Ecken und Enden fehlt, sollen gross sein.
Die Leistungsträger des Sensationsleaders sind unbekannte, dafür talentierte Spieler aus aller Herren Ländern. Als Mazzus Vorgänger Thomas Christiansen vornehmlich auf belgische Talente setzen wollte, wurde er am Tag darauf entlassen. Stattdessen kommt der Captain Teddy Teuma aus Malta, weitere Leistungsträger sind der Däne Casper Nielsen oder der Deutsche Deniz Undav. Letzterer, im Nachwuchs von Werder Bremen als zu klein befunden, hat in 28Ligaspielen 20 Tore erzielt und 10 Vorlagen gegeben. Im Sommer wird er sich dann dem grossen «Bruder» Brighton anschliessen.
Dass das Team auseinanderfallen wird, daran gibt es keine Zweifel. «Ich fürchte es nicht, ich weiss, dass Spieler gehen werden», sagt Trainer Mazzu. «Wir haben hier Spieler, die explodiert sind. Da wird es Angebote von Klubs mit grossem Namen geben.» Die nächsten Talente werden mittels Datenbank bereits gesucht.
Liveticker: Union Saint Gilloise
Investorenklubs sind in Belgien sehr häufig, weshalb es wenig Diskussionen über die Tatsache gibt, dass es sich bei USG um ein «Farmteam» handelt, wie man es hierzulande von Lausanne oder GC kennt. Die späte Rückkehr eines gefallenen Riesen tut der leidgeplagten belgischen Liga umso besser. Nach dem Skandal von 2018 steht sie noch immer unter Schock. Mehr als 50 Personen sollen vor Gericht kommen, wie kürzlich öffentlich wurde. Es geht um Spielmanipulation, Geldwäsche und Korruption.
In Zeiten solcher Schlagzeilen kommt das Märchen von Saint-Gilloise gerade recht. Und Trainer Mazzu lässt die Träume nach dem Titel zu: «Wir als Team wollen weitermachen, wir wollen diesen Traum weiter träumen», sagt er. Und Stürmer Undav sagt: «Alle dachten doch vor der Saison ‹Die werden eh viele Spiele verlieren›, aber wir haben an uns geglaubt und gezeigt, wie stark wir
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